29.09.22

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Ta-da: Unser GWÖ-Fokusbericht ist da!

Seit unserer Gründung begleitet uns die Gemeinwohl-Ökonomie als Kompass für nachhaltiges Wirtschaften. Sie begleitet uns in jedem Teammeeting und in jedem Kund:innenkontakt, bei der Herstellung unserer Möbel und der Auswahl unserer Zulieferer. Darum freuen wir uns besonders, nun unseren ersten GWÖ-Fokusbericht zu präsentieren!

Denn eines seht fest: Wenn wir in Zukunft so weiter wirtschaften, wie in den letzten 50 Jahren,
fahren wir unsere Lebensgrundlage und damit uns selbst an die Wand. Die nächsten zehn Jahre
sind entscheidend dafür, wie unsere Zukunft auf diesem Planeten aussehen wird. Insbesondere Unternehmen müssen umdenken: Nur 25 Firmen emittieren die Hälfte globaler Emissionen aus der Industrie. 

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist wohl die prominenteste der alternativen Wirtschaftssysteme. Angefangen in Österreich, gibt es mittlerweile einen internationalen GWÖ-Verband, der sich
weltweit für ein ethisches Wirtschaftsmodell einsetzt, in dem der Mensch vor Profiten steht.  

Im intensiven Austausch im Team und mit dem GWÖ-Experten [Stefan Angermüller](https://www.fairmoebeln.de/) veröffentlichen wir daher unseren ersten eigenen GWÖ-Fokusbericht. Das Wichtigste in aller kürze präsentieren wir in diesem Beitrag. Unseren Fokusbericht könnt ihr am Ende dieses Artikels downloaden. Aber eines nach dem anderen: Was ist ein GWÖ-Fokusbericht?

GWÖ-Fokusbericht: Was ist das?

Der GWÖ-Fokusbericht ist zunächst eine Bestandsaufnahme. Er ähnelt einem Nachhaltigkeitsbericht und soll zunächst den Ist-Zustand unternehmerischer Nachhaltigkeit abbilden. Was läuft bisher schon gut und wo gibt es Verbesserungspotenziale? Dabei ist der Fokusbericht der Gemeinwohl-Ökonomie aber deutlich umfassender und ganzheitlicher und orientiert sich nach festgelegten sozialen
und ökologischen Parametern. 


In einer Matrix aus Werteschemen und Berührungsgruppen ergibt sich der sozial-ökologische Status Quo des Unternehmens. Die Werteschemen bestehen aus Menschenwürde, Solidarität/Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Transparenz & Mitentscheidung, die Berührungsgruppen umfassen Lieferant:innen, Eigentümer:innen/Finanzpartner:innen, Mitarbeitende, Kund:innen und das gesellschaftliche Umfeld. Daraus ergeben sich 20 Handlungsfelder, die den ganzen Fokusbericht
recht umfassend machen. Damit du nicht den ganzen Bericht lesen musst, hier die wichtigsten
Erkenntnisse in aller Kürze. 

Lieferketten kurz, solidarisch, transparent

Die Lieferkette ist ein heikles Thema und spiegelt sich gleich in mehreren Werteschemen wieder. Menschenwürde, Solidarität oder ökologische Nachhaltigkeit sind nur drei Beispiele. 

Anders als in unserer Verfassung festgeschrieben, ist die Menschenwürde im Kapitalismus
scheinbar durchaus antastbar. Entlang globaler Lieferketten kommt es jeden Tag zu unzähligen Menschenrechtsverletzungen. Die ganze Lieferkette zu überblicken und alle Zulieferer und die Zulieferer der Zulieferer zu überprüfen, ist leider nicht immer möglich. Darum halten wir unsere Lieferketten in der Regel so kurz wie möglich. Damit möchten wir die Transparenz wahren, lokale Kooperation pflegen und uns lange Lieferwege sparen. Das ist ökologisch, fair und solidarisch.

Holzlieferant:innen garantieren eine zertifizierte, nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die legale Abholzung im europäischen Ausland. Da die Holzbranche aber nach wie vor sehr konservativ ist, müssen wir hier öfters Kompromisse eingehen, bevor wir ganz ohne Material dastehen. Für die Zukunft möchten wir ein Schema erarbeiten, das die Bewertung der Menschenwürde bei der Auswahl unserer Zulieferer genormt möglich macht. Weil wir uns primär auf die Rettung von Materialien fokussieren, setzen wir in Zukunft auf den Kunden / die Kundin als Lieferant:in. 

Investitionen: Unabhängig, solidarisch und im Sinne der Sharing-Economy

Geld bedeutet leider immer noch Macht und Einfluss. Richtig investiert, liegt es aber in guten
Händen um den sozialen und ökologischen Wandel zu finanzieren. Unsere Bank haben wir
dahernach ethischen Kriterien ausgesucht. GLS garantiert Investitionen in soziale und ökologische
Projekte und stellt damit das Wohlergehen des Menschen in den Fokus. claus+claus hat keine Fremdinvestor:innen und ist damit finanziell unabhängig und selbstbestimmt.


Wir haben uns zudem gegen die Investition in einen eigenen Fuhrpark entschieden und setzen daher auf die Sharing-Economy. Einkäufe und lokale Auslieferungen erledigen wir mit dem lokalen Carsharing Dienst. 

Auch unsere Werkstatt möchten wir in Zukunft als Co-Crafting Space mit anderen Mitunternehmer:innen teilen. Das garantiert die optimale Nutzung und sinnvolle Auslastung der Betriebsmittel. Am Dach dieser Zukunftswerkstatt wünschen wir uns eine Solaranlage, um die Energie für unsere Produktion eines Tages selbst zu generieren. 


Miteinander: Gewaltfrei und auf Augenhöhe

In unserem Team pflegen wir ein respektvolles Miteinander. Das sagt sich leicht und fliegt uns im hektischen Arbeitsalltag nicht immer zu. Wir üben es daher intensiv in unseren Meetings, in den Gesprächen zwischendurch und im Austausch mit einem externen Coach, der uns seit der Gründung mit der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) begleitet. Das Konzept funktioniert im Grunde nach den Regeln der Achtsamkeit und des Respekts, was eine Gesprächskultur auf Augenhöhe etablieren kann. 

Und apropos Augenhöhe: Wir wünschen uns keine starren Hierarchien für unser Unternehmen.
Um Verantwortlichkeiten, Gehälter und Aufgaben trotzdem fair zu verteilen, ist die Gewaltfreie Kommunikation das Um und Auf einer funktionierenden Unternehmensführung. 

Als Sozialunternehmen setzen wir uns für Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft, Alter, Religion oder Behinderung ein. Wir möchten uns als fairer, weltoffener und sicherer Arbeitsplatz im Handwerk für alle etablieren. Dafür wollen wir in Zukunft unser eigenes New-Work-Modell entwickeln, um einen mobilen und flexiblen Arbeitsplatz zu kreieren, der Freiheit
zur persönlichen Entfaltung lässt, die Vielfalt zelebriert und keine Diskriminierung zulässt.


Geld: Money comes, money bleibt im Unternehmen

Let’s talk money! Geld soll bei claus+claus kein Tabuthema sein, dass hinter vorgehaltener Hand
im Flur besprochen wird. Gehälter werden bereits offen, partizipativ und transparent besprochen.
In Zukunft wünschen wir uns ein Grundgehalt, das allen Mitarbeitenden ausbezahlt wird.
So wollen wir sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden einer für sie sinnstiftenden Arbeit im
gesunden Ausmaß nachgehen und dabei ein gutes, finanziell abgesichertes Leben
führen können.

Wie wir das schaffen wollen? Langfristig soll sich das Unternehmen claus+claus selbst gehören. Gewinne dürfen nicht an Eigentümer:innen ausgezahlt werden, sondern bleiben im Unternehmen. Damit stehen uns Ressourcen zu Verfügung, mit denen wir Gehälter anheben, Arbeitszeiten senken
und soziale Projekte unterstützen können. Was wir in Zukunft dafür brauchen ist eine neue Rechtsform: Die „GmbH mit gebundenem Vermögen.“ claus+claus wird dadurch in Zukunft ein Unternehmen im Verantwortungseigentum, womit wir SDG 8 Economic Growth & Decent Work bedienen. 


Ökologie und Innovation 

Weil unsere Produkte aus gerettetem Material bestehen, wirtschaften wir im Sinne der Kreislaufwirtschaft, ressourcenschonend und für uns sinnstiftend. Die Ergonomie und Qualität unserer Büromöbel erfüllt das menschliche Grundbedürfnis nach Gesundheit am Arbeitsplatz. (SDG 3: Good Health & Wellbeing). Als Teil dieser Vision etablieren wir schon heute ein lokales Kreislaufnetzwerk
für gerettete Rohstoffe. Mit einem partizipativen Ansatz werden Kund:innen bei claus+claus zu Lieferant:innen. Sie geben uns alte Möbel zum Recycling und bekommen daraus neue Möbel
im individuellen Design. 

Weil wir viele Wege im Bereich Design, Kreislaufwirtschaft und im Handwerk neu gehen, sehen wir
uns als Innovation-Hub unserer Branche. Wir schlagen unseren Mitunternehmen neue Wege vor,
wie ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen aussehen kann. Mit unserer Öffentlichkeitsarbeit versuchen wir Transparenz in diese Prozesse zu bringen und -
wo es unsere Expertise zulässt – aufzuklären.

Fokusbericht: Was kommt danach?

In unserem GWÖ-Fokusbericht steht natürlich noch viel mehr. Wie schon erwähnt ist der Bericht eine Momentaufnahme mit viel Luft nach oben. Einiges daraus setzten wir bereits um, vieles packen wir schon sehr konkret an und manches liegt noch in weiterer Entfernung. 

Einer der nächsten Schritte, in mittelweiter Entfernung, ist die GWÖ-Bilanzierung.
Dabei werden unsere Ambitionen für sozial-ökologisches Wirtschaften in Zahlen ausgedrückt und bewertet (schwierig, weil wie misst man das Gemeinwohl?). Bis dahin freuen wir uns über einen großen Meilenstein, der die Richtung der kommenden Jahre maßgeblich mitbestimmt.
 
Wie immer sind wir offen für Anregungen, Kooperation, Austausch und Vernetzung!
Eure claus+claus Crew

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