13.07.21

Gemeinwohloekonomie_oldenburg

Unser Weg zu Sinn und Verantwortung

In einer Gemeinwohl-Bilanz wird versucht, dieses neue Wirtschaftsmodell zu kategorisieren und messbar zu machen. Das ist schwieriger als im Kapitalismus, denn das Endprodukt ist das Gemeinwohl und kein in Zahlen darstellbares Bruttoinlandsprodukt. 
Wie misst man eigentlich unternehmerische Nachhaltigkeit? Weil dieser verwässerte PR-Begriff mittlerweile sehr willkürlich verwendet wird, wollten wir genau wissen wie ökologisch sinnvoll und sozial fair – wie nachhaltig - unsere Arbeit eigentlich ist. Antworten finden wir in der Gemeinwohl-Ökonomie. 
Hier wandern Gewinne, anders als im Kapitalismus, nicht in die Geldbörse der Eigentümer:innen, sie wandern in den Sinn und Zweck des Unternehmens. Wir haben den Gemeinwohl-Schnelltest gemacht und uns so einer späteren Gemeinwohl-Bilanz angenähert. Auf 6 Seiten und in 21 Fragen soll die sozial-ökologische Ausrichtung des eigenen Unternehmens im Sinne des Gemeinwohls gemessen werden.  

Aber erstmal ein kleiner Exkurs auf die Metaebene: No surprise, aber wir wollen nicht Teil des kapitalistischen Wirtschaftssystems dieser Welt sein. Wir lehnen die sinnentleerte Anhäufung von Kapital ab und dessen unfaire Verteilung auf dieser Welt. Noch nie besaßen so wenige so viel des globalen Eigentums, noch nie waren so wenige so mächtig wie heute1.
Und das in Zeiten, in denen die Klimakrise, der Welthunger oder die Vermüllung der Weltmeere als unbezwingbare Herausforderungen abgetan werden. Als tragische, aber alternativlose Schicksale, denen auch die Mächtigsten und Reichsten dieser Welt nichts entgegnen könnten.


In einer Demokratie gibt es aber immer Alternativen2. Alles wird auf Verhandlungsbasis entschieden: Das bedeutet, dass man nicht immer sofort das bekommt, was man will, aber es ist aber auch nichts in Stein gemeißelt. Die Evolution selbst ist ein einziges Messerspiel aus Versuch und Irrtum. Spätestens als wir leere Flugzeuge über den Pandemie-gebeutelten Planeten schickten, um Fluglinien anstatt Ökosysteme zu retten, wurde klar, dass der Kapitalismus und seine Alternativlosigkeit große Irrtümer der heutigen Zeit sind3

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine mögliche und reale Alternative. Das allumfassende, entwicklungsoffene Wirtschaftsmodell ohne endgültigen Lösungsanspruch stimmt uns hoffnungsvoll - für die Welt aber auch für uns und für claus+claus. Sie reiht sich in die Bewegung der Postwachstumsökonomie ein, das Gemeinwohl selbst ist als oberstes Wirtschafts-Ziel in unseren demokratischen Verfassungen niedergeschrieben4. Letztlich ist ein sicheres und gutes Leben auf einem gesunden Planeten unser aller Menschenrecht. Die Wirtschaft ist nur ein Werkzeug, dieses Recht global durchzusetzen.

In einer Gemeinwohl-Bilanz also wird versucht, dieses neue Wirtschaftsmodell zu kategorisieren und messbar zu machen. Das ist schwieriger als im Kapitalismus, denn das Endprodukt ist das Gemeinwohl und kein in Zahlen darstellbares Bruttoinlandsprodukt. 

Dieser Vortrag von Christian Felber an der Universität Trier hat uns inspiriert:


In einer Matrix aus Werten wie Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit oder Transparenz und aus verschiedenen Stakeholdern wie Mitarbeitende, Finanzpartner:innen oder Kund:innen, soll der Beitrag eines Unternehmens für das Gemeinwohl greifbar und im ökonomischen Sinn messbar werden. Das ist aufwendig und braucht Zeit. Unser Schnelltest aber stimmt und zuversichtlich für eine spätere Bilanz, denn: Wir gehen in die richtige Richtung. Und das nicht erst nach einigen Geschäftsjahren, sondern von Anfang an. 

Als holistisches Modell fließt die Gemeinwohl-Ökonomie in all unsere Unternehmensentscheidungen mit ein. Sie ist Grundstein und Kompass zugleich, vor der Gründung und im alltäglichen Betriebsgeschehen. Zum Beispiel fließen all unsere Gewinne in den Unternehmenssinn von claus+claus, um dort unsere Ideen und Visionen umzusetzen. Für eine soziale und moralische Haltung im Umgang mit Geldmitteln haben wir uns für eine ethische Bank entschieden. So unterstützen wir Projekte erneuerbarer Energien, ökologischer Landwirtschaft oder nachhaltiger Wirtschaft5, anstatt die Kohle- oder Waffenindustrie. Wir bemühen uns wo wir können, innerhalb unseres Teams aber auch nach außen in Kontakt mit Zulieferern, Kooperationspartner:innen oder Kund:innen, transparent und offen aufzutreten. Wir setzen uns für eine faire Unternehmenskultur ein, geprägt von Mitsprache, gewaltfreier Kommunikation und individueller Selbstverwaltung. 

Wo wir können verwenden wir gebrauchte Materialien, weil die Kreislaufwirtschaft nun mal einen der größten positiven Impacts auf unsere natürliche Umwelt hat (zum Blogartikel Plattenrettung). Gerade sind wir dabei ein lokales Kreislaufplatten-Netzwerk aufzubauen, um gleichzeitig gegen Ressourcenverschwendung vorzugehen und eine Versorgungsstruktur für unsere Möbel zu etablieren. Und apropos Netzwerk: Weil eine Transformation nur gemeinsam möglich ist, haben wir mit der Stadt Oldenburg und weiteren lokalen Unternehmen die Regionalgruppe für Gemeinwohl-Ökonomie gegründet. In gegenseitigem Austausch von Wissen und Erfahrung wollen wir Impulse für ein ethisches Wirtschaften setzen. So wollen wir es schaffen, Unternehmer:innen mit großen Ambitionen für Umwelt und Gesellschaft in Zukunft den Weg zu einer Gemeinwohl-orientierten Wirtschaftsweise zu ebnen. 

Die Schwarzseher GmbH ist eines der Unternehmen mit denen wir die Gemeinwohl-Gruppe für Oldenburg gegründet haben. Lest auch Ihren Artikel über Gemeinwohl, er ist sehr sehr gut: 
"Warum wir Sinn über Profit stellen"

Gesamter Vortragsabend aus unserer Online-Veranstaltung "Gemeinwohlorientiert wirtschaften - wie geht das?" von der Regionalgruppe Oldenburg:



 





QUELLEN: 
1: Winiwarter, V. & Bork, H. (2019): Geschichte unserer Umwelt – 66 Reisen durch die Zeit (3. Auflage).Wgb (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt. S. 10

2: Universität Trier (2017, 13.08.): Gemeinwohl-Ökonomie – Christian Felber: Wirtschaft neu denken. [Video]. Youtube. Minute 09:00 – 12:30. URL: https://www.youtube.com/watch?v=PBxKPAu8lvA&t=1559s 

3: Hegmann, G. (2020, 11.03.): „Geisterflüge“ in Corona-Krise – Brüssel reagiert. In: Welt.de, URL: https://www.welt.de/wirtschaft/article206493553/Geisterfluege-EU-Kommission-setzt-80-20-Regel-fuer-Airlines-aus.html

4:Universität Trier (2017, 13.08.): Gemeinwohl-Ökonomie – Christian Felber: Wirtschaft neu denken. [Video]. Youtube. Minute 28:30. URL: https://www.youtube.com/watch?v=PBxKPAu8lvA&t=1559s 

5: GLS Bank (2019): Hallo Zukunft: Nachhaltigkeitsbericht 2019. S. 44
URL: https://de.calameo.com/read/00516187422f1645cac75