13.07.21

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Unfuck the Handwerk!

Mit einem verschwindend kleinen Frauenanteil, schlechten Bezahlungen und unfairen Arbeitsbedingungen, steckt das deutsche Handwerk noch in staubigen Stereotypen und Strukturen fest.



Wasser mit Minze und Zitronensaft

Ein CEO, eine CMO, ein Praktikant und eine Journalistin treffen sich an einem Montagmorgen online zur Wochenbesprechung. Alle trinken Kaffee oder Wasser mit Minze und Zitronensaft. Sie sprechen über Gemeinwohl-Ökonomie, Vernissagen, konferieren über neue Blogbeiträge, gewaltfreie Kommunikation und schreiben an einem Skript für ihren ersten selfmade Imagefilm. Unter dem Büro, in dem die Online-Konferenz abgehalten wird, befindet sich eine Werkstatt mit Maschinen, ganz echt und in 3D.


Denn – da war doch was... wir machen ja Handwerk!

Und das möglichst ohne giftige Stoffe, unter Einsatz nachwachsender, bereits entnommener oder mehrfach nutzbarer Materialen und generell mit so wenig Ausbeutung von Natur und Mensch wie zum jetzigen Zeitpunkt möglich. Das klingt simpel, ist es aber nicht. Zunächst muss man die kapitalistische Doktrin mühsam chirurgisch aus jeder Faser des Unternehmertums entfernen und dann alles neu verkabeln. So, dass Wertschöpfung wieder in ihrer wörtlichen Form zur Sprache kommt: Als die Koppelung unserer Arbeit, unseres Wirtschaftens, unseres Handwerks an das Streben nach Sinn. Als die Verkörperung von Ideologie und Werten. Als einen Dienst an das Gemeinwohl. Die Idee einer gerechten Welt, reich an Artenvielfalt und Innovation ist schwindelerregender und schöner als der Glaube an ein System, reich an Kapital für Wenige. 
 
Mit dieser Vision in den Köpfen haben wir auch im Handwerk noch einiges zu tun. Mit einem verschwindend kleinen Frauenanteil, schlechten Bezahlungen und unfairen Arbeitsbedingungen, steckt das deutsche Handwerk noch in staubigen Stereotypen und Strukturen fest. Das bringt uns wieder zu den zitronenwasserschlürfenden CMOs, CEOs, Praktikant:innen und Journalist:innen. Wir möchten darüber sprechen, warum Frauen es immer noch so schwer haben, in vermeintlich männliche Handwerksberufe einzusteigen. Warum eine Arbeit, die so fundamental in unsere Gesellschaft eingeschrieben ist, noch immer nicht fair entlohnt wird. 

Wir möchten ernsthaft infrage stellen, ob die GmbH noch eine zukunftsweisende Rechtsform ist. Ob eine Rechtsform, die juristische Grundlagen für ein Gemeinwohl-orientiertes Wirtschaften legt, in Anbetracht der multiplen sozialen und ökologischen Krisen nicht besser wäre. Nicht unanzweifelbar das einzig Richtige ist. Wir wollen sehen, wie das Handwerk von morgen aussehen kann und dessen Transformation aktiv mitgestalten. 

Die Digitalisierung ermöglicht Vernetzung, Reichweite und ist integraler Bestandteil innovativen Handwerks.
Sie hebt unsere Köpfe hoch genug in die Wolken, während die Arbeit in der Werkstatt unsere Füße fest am Boden verankert. Sie macht Zusammenschlüsse und Kooperationen möglich und hilft uns dabei, Transparenz und Glaubwürdigkeit herzustellen. Die Digitalisierung ist nicht zuletzt ein Sprachrohr. Aber wir wollen nicht nur leere Worte in die Untiefen des Internets stellen, wir wollen handeln! Und so kommen wir ein letztes Mal zu den CEOs, CMOs, Praktikant:innen, Journalist:innen, Tischler:innen, zu dem Mediator:innen, den Buchhalter:innen und den Kooperationspartner:innen.

Das Handwerk von morgen kann nur als Zusammenkunft von all unseren Kompetenzen und Fähigkeiten entstehen.
Es braucht die Vielfalt, um über die Ränder des Gewohnten zu blicken.